02.09.2017

Sonne über den Vogesen, Regen im Schwarzwald

Eine Woche lang jeden Tag Motorrad fahren: Ist schon ewig her, dass ich das zuletzt gemacht habe. Wunderbar, dass es nun wieder einmal geklappt hat, und das auf eine so vielfältige und ereignisreiche Weise, wie ich es fast nicht mehr zu träumen gewagt hatte.
Tag 1: Unser Sohn ist ja nun groß genug, dass er mehrstündige Touren locker mitmacht, ohne zu ermüden oder sich zu langweilen. Damit ist eine Anreise beispielsweise ins 200 Kilometer entfernte Landau auf Achse problemlos möglich. Also fuhren wir am vergangenen Sonntag durch den Odenwald (sehr schön) und die Rheinebene (nicht schön) in die Pfalz zur Schwiegermutter.
Tag 2 und 3: Da der Junior bei Oma bleiben konnte, hatten Isa und ich zwei volle Tage für uns und nutzten sie zu einer Tour durch die Vogesen. Es ist nun schon das dritte Mal, dass ich dort war, und meine Begeisterung bleibt ungebrochen: Kurven ohne Zahl, praktisch kein Verkehr, beeindruckende Fernsichten und Kaiserwetter machten die Fahrt zum Genuss. Im perfekten Gleichklang kurvten Isa und ich über einen Col nach dem anderen bis kurz vor das Munstertal. Einziger Nachteil: die kultige Auberge Obersolberg stand diesmal nicht zur Verfügung, das Hotel Wetterer in Orbey konte da nicht ganz mithalten. War aber OK.

Tag 4: Am Mittwoch ließ ich die Familie in Landau zurück und lenkte die Honda nach Würzburg. Nach einem kleinen Schwatz bei Freund und Kollege Gernot kam ich am Nachmittag zu Hause an und hatte gerade noch Zeit zu packen, bevor mein jüngster Bruder eintraf. Denn am nächsten Tag wollten wir zusammen in den Schwarzwald fahren. Dass die Vorhersagen der Meteorologen, die für den Donnerstag Starkregen und einen Temperatursturz angekündigt hatten, diesmal auf furchtbare Weise zutreffen würden, konnten wir noch nicht ahnen.
Tag 5: Am Abend zuvor hatten wir noch bei milden Temperaturen auf dem Weinfest gesessen, nun erwischte uns schon kurz außerhalb von Würzburg der Regen, und die Temperatur fiel mit jedem Kilometer. Ich war mit der Buell unterwegs, Tobi mit der Ducati, und es hätte ein perfekter Tag werden können. Wir umfuhren Stuttgart im Osten und steuerten über die Alb und das Donautal gen Südwesten, wo die Kurven des Südschwarzwalds den Tag abrunden sollten. Doch nach 400 Kilometern im Dauerregen gaben wir bei Titisee-Neustadt auf und liefen ein Hotel an, ohne eine einzige Schwarzwaldkurve auch nur gesehen zu haben.
Tag 6: Schwere dunkelgraue Wolken lasteten auf den Hügeln, als wir aufbrachen. Die Sicht war gleich Null, und so verwarfen wir nicht nur erneut den Plan einer Runde durch den Süden, sondern auch den Gedanken, auf der Schwarzwaldhochstraße gen Norden zu fahren. Tagesziel eins war das Motorradtreffen Glemseck 101, wo wir nicht nur tolle Café Racer und Scrambler sehen, sondern auch unseren mittleren Bruder treffen wollten. Zähneknirschend reihten wir uns auf den Bundesstraßen in den Berufsverkehr ein und rollten nach Stuttgart - immerhin wurde auf dem Weg das Wetter etwas besser. Auf dem Glemseck - das am Freitagmittag noch sehr wenig Zauber versprüht, sondern eher einem Mercedes-Sprinter-Treffen gleicht - war es dann trocken, und nach ein paar Rundgängen brachen wir zu dritt nach Würzburg auf. Und plötzlich: trockene Straßen, aufgelockerter Himmel - das Paradies! Wie die Wilden stürzten wir uns in die Kurven und stachelten unseren Mittleren zu ungeahnten Heldentaten auf seiner Honda NC 700 X an. Ich glaube, an diesem Tag hat er den Schritt von Zweiradpendler zum Motorradfahrer gemacht, und er war vollkommen geflasht. Abends dann wieder Weinfest in Würzburg - keine weiteren Worte nötig.
Tag 7: Eigentlich war geplant, dass ich mit dem Motorrad nach Landau fahre und die Familie abhole - doch weil es überraschend viel zu transportieren gab, nahm ich das Auto. Trotzdem kam ich noch einmal auf 200 Motorradkilometer, weil meine Liebste bei erneuter Kälte und Regen lieber im warmen Skoda als auf der Yamaha sitzen wollte. So waren es am Ende für mich 2.000 Kilometer auf drei Motorrädern. Eine tolle Woche.